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| accidental play of the week – four |

Posted: Dezember 27th, 2012 | Author: | Filed under: acc. play of the week, sound, word | No Comments »

die band mellowdrone um sänger jonathan bates ist bekannt für ihre mollbeladenen zwischentöne zur durparty an den stränden von los angeles. genau eine dekade dauerte es jedoch, bis die band 2009 auf ihrem siebten studioalbum „angry bear“ im song „elephant“ ihre lo-fi attitüde zur perfektion mischte. dumpfer, verschrobener sound, eingängiger indie-refrain aus der waschtrommel und knarziger bassteppich vom trödel. weshalb gerade ein elephant auf einer bärenplatte für den stärksten song herhalten musste, bleibt ungelöst. den song auf symbolischen gehalt zu prüfen, läge sicherlich nicht im sinne der urheber, ließe sich aber durch die tierwahl vorzüglich analysieren. mellowdrone singen: „elephant, oh elephant, one step ahead of time“. elefanten sind stolze tiere, und für den menschen kaum greifbar. groß und grau, behände und ungelenk, schreckhaft und schwer. sie verbreiten eine wohlig warme ruhe. wann immer sie furcht einflößen, überraschen sich die menschen dabei, dass die furcht eine bloße projektion der eigenen unsicherheit ist. orwell schrieb in seiner kurzgeschichte „einen elefanten erschießen“: sobald ich den elefanten erblickt hatte, wusste ich mit absoluter gewissheit, dass ich ihn nicht zu töten brauchte. […] aus der nähe sah der friedlich grasende elefant nicht gefährlicher aus als eine kuh.“ trotzdem tat er es am ende. seine geschichte bedient sich der metapher des elefanten, um die ohnmacht und die beschränktheit der menschen in einer bestimmten gesellschaftsordnung zu dechiffrieren. vielleicht ein grund, warum das motiv im modernen popdiskurs zunehmend anwendung findet. the white stripes haben es vorgemacht.
aber lassen wir es gut sein. es ist schließlich nur ein song. und ein song ist ein song, nada mas. oder?

“elephant” ist der vierte song aus der offjournal-reihe “accidental play of the week – die musikalische halbe stunde reise nach jerusalem, bei der der song gewinnt, der im ohr stehenbleibt.”

 

 


| oh boy – eine metakritik |

Posted: Dezember 22nd, 2012 | Author: | Filed under: word | No Comments »

das leben ist ein unbequemes, ungemütliches etwas. ein hektisches treiben auf schroffer oberfläche, eine sinnentleerte posse mit verunsicherten darstellern, in der der plot weder feststeht noch eingehalten wird. jeder fräst sich vorwärts im ungestüm der eigenen beschädigten psyche.

der film „oh boy“ löst derzeit ein überaus positives medienecho aus. in jan ole gersters kinodebüt spielt tom schilling den charakter niko fischer, der seit seinem abgebrochenen jurastudium..ja was..lebt? vegetiert? herumirrt? vater: „was um himmels willen hast du die letzten 2 jahre gemacht?“ niko: „nachgedacht.“ die filmszenen spielen in berlin, sind in schwarz-weiss dargestellt und durch jazzige töne der band „major minors“ untermalt. das entrücken des protagonisten wird fühlbar gemacht, drängt sich nahezu auf. sprachlosligkeit als reduzierte existenz. handlungsohnmacht. niko: „ich möchte jetzt lieber allein sein.“

der film wird vom spiegel-online (pilarczyk, 1.11.12) als „glücksfall für das deutsche kino“ gelobt. es werden begriffe in den raum gestellt: „nouvelle vague“ (ebd.), „melancholische poesie“ (gansera, sueddeutsche.de v. 2.11.12), „einfühlsam und glaubwürdig“ (nierlin, filmgazette v. 1.11.12).

so weit, so nachvollziehbar. “oh boy” jedoch als gegenstück zum hauptstadt-hype zu deklarieren (vgl. pilarczyk), um dem nöligen film eine subversive brise einzuhauchen, geht dann doch ein stück zu weit. ich sage: der film fängt das lebensgefühl der hauptstadt ein. die ohnmacht und das spannungsfeld der kollektiven lebensentwürfe, die sich in berlin zusammenfinden, um das andere zu denken. das leben abseits der konsum- und kommerzwelt, unterhalb des schneller, höher, weiter. nein, berlin ist keine metropole der betriebsamkeit. sie ist das sinnbild des gewollt gelebten scheiterns, des sich-aufbäumens, bis es wieder etwas besser geht, um dann stolz dem nächsten exzess zu fröhnen.

was der film aber leistet, ist ein kratzen an der außenfläche existentialistischer weltwahrnehmung. er versucht, die komplexität des lebens in szenen abzubilden und die ortlosigkeit der moderne zu visualisieren. nierlin beschreibt hier präziser: “überhaupt fungieren räume nur als zwischen- und durchgangsstationen in einem ortlosen, transitorischen dasein. niko driftet durch die stadt, er ist unterwegs, ohne getrieben zu sein.” (nierlin, filmgazette v. 1.11.12)

 

(cf. http://polpix.sueddeutsche.com/bild/1.1506844.1351241276/860×860/tom-schilling-oh-boy.jpg)


| americana – (k)ein nachruf |

Posted: Dezember 19th, 2012 | Author: | Filed under: image, word | No Comments »

(cf. http://29.media.tumblr.com/tumblr_loojmzWHaN1qk3dvmo1_500.jpg)

 

wie oft wurde der abgesang amerikas prophezeit. der turbokapitalismus als spiegel der maßlosigkeit, der mutierte american dream als sackgasse hedonistischer, adipöser flachkultur. in ausuferndem maße beschäftigen sich filmemacher, journalisten, popliteraten oder ethnographen derzeit mit der aufarbeitung des noch nicht eingetroffenen. um zu definieren, welcher corpus ins europäische grab der eskapisten und  ideologen getragen werden kann, tobt der kampf um die kulturelle gestaltbildung amerikas. ein stimmengewitter, wie es canetti auf den märkten in marrakesh umschallt haben musste. wortfetzen wie “9/11″, “americana”, “kerouac” oder “kennedy” dringen heraus. es wird gefeilscht um die deutung und wertung von sinn und unsinn, mut und übermut, wahn und größenwahn.

das wesen der amerikanischen kultur ist so vielschichtig, dass es weder bestimmt noch verabschiedet werden kann. die dialektik von kultur und gegenkultur setzt hier aus, ist sie doch in einem umfassenden kulturverständnis, wie es t. s. eliot schon 1948 beschrieben hat, eins geworden. allein die zahl identitätsstiftender musikalischer gesellschaftsentwürfe übersteigt das maß des erklärbaren. nur was gibt den ausschlag für die friedliche polykultur, für das fehlende interesse nach einer in deutschland oft verhandelten leitkultur? ist es der american dream? nein, es ist die indifferenz des scheiterns! der hedonismus als erkenntnisbehinderung? im gegenteil!

daher überrascht der siegeszug der elisabeth woolridge grant alias lana del rey nicht. mit indifferentem, monotonem habitus zeichnet sie das bild des amerikanischen melancho-retro-pops, singt “swinging in the backyard / pull up in your fast car / whistling my name / open up a beer / and you say, get over here / and play a video game” und läutet damit gewollt oder ungewollt den postmodernen amerikanischen frühling ein.


| rerepepetitionon |

Posted: Dezember 16th, 2012 | Author: | Filed under: sound, word | No Comments »

die menschliche existenz baut sich aus repetition zusammen. der mensch ist nicht. er wiederholt sich. die essenz, die der existenz bisweilen als sinnhafte bürde auferlegt bzw. angeheftet wird, wird durch die wiederholung scheinkreiert. verschiedene zeitliche repetitionsklammern stehen zur verfügung. strukturbildende wiederholungen wie z. b. die jahreszeiten, die umlaufbahn des mondes, der tag & nacht-rhythmus etc. alltägliche rituelle und kulturelle zeichen und verständigungsweisen wie z. b. hände schütteln, guten tag-sagen oder verabschieden.

ist sinn also vielmehr ein sich aus wiederholung formendes produkt, ohne ein proprium, einen eigenen wesenskern zu besitzen? laden sich handlungs- und alltagsroutinen zu einem kulturgeschichtlichen habitus auf, der sich fortwährend repetiert und reproduziert, letztlich aber keine essenz beinhaltet?
untersucht man daraufhin den alltag auf repetitionsmuster, so wird deutlich, dass selbst feine und unmerkliche abläufe wiederholender natur sind. das kurbeln beim radfahren, das umblättern der seite eines buches, das husten, das ein- und ausatmen…

musik reiht sich hierbei nahtlos ein. rhythmus und takt, bassdrum und snare, strophe & refrain. das auf und ab der sinuskurve als grundgerüst elektronischer klänge. musik kann gar als prototyp repetitorischer exempel herangezogen werden. sie verwendet repetition mitunter als mittel zum zweck: der wiederkehrende bass-beat bei techno-tracks als basale und gleichzeitig transzendierende form der bewusstseinserweiterung. unendliche repetition als gefühl gewollten stillstandes, um das jetzt festzuhalten, um den nächsten morgen zu leugnen.

hierbei tritt die dialektik der repetition zum vorschein: sie ist allgegenwärtig und doch gibt es sie nicht. alles scheint sich in ständiger wiederholung abzubilden und doch ist kein moment wie der, der kurz zuvor gewesen ist. einatmen, ausatmen, und die welt hat sich bisweilen um eine entscheidende nuance verändert.

vor dem hintergrund dieser tatsache erscheint musik als konservierendes medium, als schuhschachtel für gefühle und erinnerungen, und der aktuelle trend zu elektronisch-repetierenden digitalen musikformen ist allzu nachvollziehbar. der entwurzelte mensch im flexiblen zeitalter der moderne versucht das geschehen in sinuskurven festzuhalten, repetitive räume zu kreieren, um vergänglichkeit und vergehen aufzuhalten..